Sachverhalt:
Der Gemeinderat hat in seiner Sitzung vom 28.01.2021 eine Satzung zur Regelung der Abstandsflächentiefe zum 01.02.2021 erlassen.
Hier wurde die Abstandsflächentiefe auf 1,0 H festgelegt, sowie zusätzlich das sog. Schmalseitenprivileg (16m-Privileg) in die Satzung aufgenommen.
Die 1. Änderung zur erlassenen Satzung ergibt sich deshalb, weil dem bisher geltenden Abstandsflächenrecht vor dem 01.02.2021 besser Rechnung getragen werden soll.
Die Abstandsflächentiefen werden in der Änderungsatzung von 1,0 H auf 0,8 H verkürzt und kommen der „alten“ Regelung damit näher.
Die Verwaltung empfiehlt, die Änderungssatzung zur Regelung der Abstandsflächentiefen rückwirkend zum 01.02.2021 zu erlassen, um eine Schlechterstellung der Bauwerber zu vermeiden.
Beschluss: - ohne Gemeinderat Hansch -
Der Gemeinderat nimmt die Ausführungen zur Kenntnis und beschließt nachfolgende Satzung zum 01.02.2021:
Die Gemeinde Utting
am Ammersee erlässt aufgrund von Art. 81 Abs. 1 Nr. 6 a Bayerischen Bauordnung
(BayBO) und des Art. 23 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (GO)
erlässt die Gemeinde Utting am Ammersee folgende
1. Änderung zur Satzung
über die abweichenden
Maße der Abstandsflächentiefe
§ 1
Geltungsbereich
Die Satzung gilt für das gesamte Gemeindegebiet der Gemeinde Utting am Ammersee.
§ 2
Abstandsflächentiefe
Abweichend von Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO beträgt die Abstandsfläche im Gemeindegebiet außerhalb von Gewerbe-, Kern- und Industriegebieten, festgesetzten urbanen Gebieten 0,8 H, mindestens jedoch 3 m. Vor bis zu zwei Außenwänden von nicht mehr als 16 m Länge genügen in diesen Fällen 0,4 H, mindestens jedoch 3 m, wenn das Gebäude an mindestens zwei Außenwänden Satz 1 beachtet.
§ 3
Bebauungspläne
Abweichende,
in Bebauungsplänen festgesetzte Abstandflächen bleiben unberührt.
§ 4
Inkrafttreten
Die Satzung tritt rückwirkend zum 01.02.2021 in Kraft. Gleichzeitig
tritt die Satzung vom 28.01.2021 außer
Kraft.
Begründung
Art. 81 Abs. 1 Nr. 6 a BayBO eröffnet Gemeinden die Möglichkeit, das
Abstandsflächenrecht abweichend von der gesetzlichen Regelung zu gestalten,
wenn dies die Erhaltung des Ortsbildes im Gemeindegebiet oder in Teilen des
Gemeindegebiets bezweckt oder der Verbesserung und Erhaltung der Wohnqualität
dient.
Nach der Rechtsprechung beschränkt sich die Regelungskompetenz des
Bauordnungsrechts bei der abweichenden Bestimmung von Abstandsflächen auf im
weiteren Sinne sicherheitsrechtliche Zielsetzungen. Abstandsflächen können zur
Sicherstellung einer ausreichenden Belichtung, Belüftung und Besonnung der
Baugrundstücke, zur Sicherstellung von Flächen für Nebenanlagen, zur
Herstellung des Wohnfriedens und Sicherstellung des Brandschutzes abweichend
von den gesetzlichen Bestimmungen geregelt werden. In Bezug auf das Ortsbild
sind nur gebäudebezogene Regelungen zulässig, die sich mittelbar auf die
Gestaltung des Ortsbildes auswirken.
Vorstehende Satzung wird im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage maßgeblich
zur Verbesserung und Erhaltung der Wohnqualität erlassen.
In unserem Gemeindegebiet sind nach wie vor viele Bereiche nicht
überplant und beurteilen sich planungsrechtlich nach § 34 BauGB. Darüber hinaus
sind in Bebauungsplänen zum Teil großzügige Bauräume festgelegt. In diesen
Bereichen wird der Abstand von Baukörpern zueinander im Wesentlichen durch das
Abstandsflächenrecht geregelt. Der hohe Siedlungsdruck der auf die Gemeinde
Utting am Ammersee wirkt und die immer weiter steigenden Grundstückspreise
werden daher dazu führen, dass die Mindestmaße der gesetzlich festgelegten
Abstandsflächen weitestgehend ausgenutzt werden. Die hierdurch entstehende
deutliche Nachverdichtung hat nachteilige Auswirkungen auf die Wohnqualität und
den Wohnfrieden.
Die im Gemeindegebiet vorzufindende dorfräumliche Gestaltung, ist in
vielen Bereichen durch größere Abstände zwischen den Gebäuden geprägt. Es sind
hier Wohnformen entstanden, die im städtischen bzw. baulich verdichteten Raum
nicht bzw. nur noch selten anzutreffen sind. Freibereiche sowie großzügige Grünflächen
um die Gebäude stellen insoweit einen wesentlichen Bestandteil der Wohnqualität
dar, insbesondere auch für Kinder. Die Gemeinde möchte mit dieser Satzung die
ländlich gewachsene Gebietsstruktur erhalten bzw. schützen. Dies führt auch zu
einer Verbesserung von Belichtung und Belüftung sowie Besonnung der
Baugrundstücke, gegebenenfalls auch zu einer Verbesserung des Brandschutzes.
Der Gesetzgeber hat mit der Neuregelung der Abstandsflächen in Art. 6
Abs. 5 BayBO die Untergrenze des zulässigen Gebäudeanstands festgelegt. Die
Gemeinde möchte für ihr Gemeindegebiet höhere Standards als vom Gesetzgeber
vorgesehen festgelegen.
Gleichzeitig werden über größere Abstandsflächen auch notwendige Flächen
für Nebenanlagen gesichert. Der Bedarf an Flächen zur Unterbringung von
Gartengeräten, Spielgeräten für Kinder, von Fahrrädern und natürlich von Kfz
ist größer als in der Stadt. Durch die Verlängerung der Abstandsflächen wird
auch insoweit ausreichend Raum auf den Baugrundstücken geschaffen.
Die Gemeinden bezieht in ihre Überlegungen durchaus ein, dass der
Gesetzgeber mit der Abstandsflächenverkürzung eine Innenverdichtung und einer Verringerung
der neuen Inanspruchnahme von Flächen beabsichtigt. Die Gemeinde hält aber die
Erhaltung und Verbesserung der Wohnqualität in ihrem Gemeindegebiet für
vorrangig. Dem Gebot der Innenverdichtung kann auch durch ein größeres Maß
baulicher Nutzung erreicht werden, etwa durch höhere Gebäude, welche die
Abstandsflächen einhalten. Dies wird die Gemeinde in ihrer Planung
berücksichtigen.
In Bezug auf den Geltungsbereich hat sich die Gemeinde dazu entschieden,
die abweichenden Abstandsflächen im gesamten Gemeindegebiet anzuordnen. Zwar
gibt es im Gemeindegebiet unterschiedliche Siedlungsstrukturen und Bauweisen.
Die oben genannten Ziele sollen aber generell im Gemeindegebiet verfolgt werden
und damit auch Grundlage der Abstandsflächenbemessung sein. Im Einzelfall ist
eine Korrektur über Abweichungen möglich. Für die sich insbesondere
unterscheidenden Gewerbe-, Kern- und das klassenurbanen Gebiete findet die
Satzung ohnehin keine Anwendung.
Die Gemeinde ist sich auch bewusst, dass die Verlängerung der Abstandsflächen
gegenüber der gleichzeitig in Kraft tretenden gesetzliche Verkürzungen
derselben Auswirkung auf die bauliche Ausnutzbarkeit von Grundstücken haben
kann und damit auch Eigentümerinteressen nachteilig betroffen werden können.
Die Aufrechterhaltung einer ausreichenden Wohnqualität im Gemeindegebiet
rechtfertigt indes mögliche Eigentumsbeschränkungen.
Utting am Ammersee, den 29.04.2021
GEMEINDE UTTING AM AMMERSEE
Florian Hoffmann
1. Bürgermeister