Abstimmung:

Ja: 14, Nein: 0

Sachverhalt:

 

Das Grundstück Fl.Nr. 129, Gemarkung Rieden am Ammersee, Fritz-Erler-Str. 1 liegt im Geltungsbereich des rechtskräftigen Bebauungsplans „Holzhausen-West“.

 

Der Bebauungsplan „Holzhausen-West“ umfasst derzeit 14. Änderungen. In der 12. Änderung (25.09.2008) des Bebauungsplans „Holzhausen-West“ wird ein Großteil des Gebietes neu überplant, hiervon war unter anderem auch das Grundstück Fl.Nr. 129, Fritz-Erler-Straße 1 umfasst.

 

Der Geltungsbereich der 12. Änderung des Bebauungsplans „Holzhausen-West“ wurde in zwei Teilbereiche aufgeteilt, wobei der Teilbereich A als qualifizierter Bebauungsplan und der Teilbereich B, östlich der Fritz-Erler-Straße, wo auch das Grundstück Fl.Nr. 129 liegt, als einfacher Bebauungsplan ausgefertigt wurde. Daher ist die Bebauung nach § 34 BauGB zu beurteilen. In diesem orts- und landschaftsplanerisch äußerst sensiblen Bereich, der sich in den Außenbereich erstreckt, sollen in etwa gleiche, oberirdisch in Erscheinung tretende Kubaturen das Ortsbild prägen.

 

Es wird ein Bauantrag für den Neubau eines Wohngebäudes mit Einliegerwohnung, Büro, Garage und Carport gestellt sowie ein Antrag auf Befreiung von den Festsetzungen 4.2 des Bebauungsplans, da die Baugrenze durch das Gebäude geringfügig überschritten wird.

 

Der Antrag auf Neubau eines Wohnhauses mit Einliegerwohnung, Büro, Garage und Carport ist aufgrund der Festsetzungen des Bebauungsplans i.v.m. § 34 BauGB zu prüfen. Der Antrag auf Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans nach § 31 Abs. 2 BauGB.

 

Das Bauvorhaben fügt sich demnach ein, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist.

 

Als Art der baulichen Nutzung wurde ein „Allgemeines Wohngebiet“ festgesetzt gem. § 4 BauNVO.

Das sind Gebiete, die „vorwiegend“ dem Wohnen dienen (§ 4 Abs. 1 BauNVO). Zulässig sind dort Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störende Handwerksbetriebe (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO). Die Ausnahmen nach § 4 Abs. 3 BauNVO haben wir bereits durch den B-Plan geregelt und finden hier keine Anwendung.  Bei dem Büro mit ca. 40 m² gehen wir davon aus, dass keine Störungen der Nachbarschaft durch Kunden- oder Angestelltenverkehr zu erwarten sind. Daher kann der Büronutzung seitens der Gemeinde zugestimmt werden.

 

Das Bauvorhaben Neubau eines Wohnhauses mit Einliegerwohnung und Büro ist hinsichtlich der „Art der baulichen Nutzung“ zulässig.

 

Es ist geplant, ein Wohnhaus mit direkt anschließender Garage und einem Carport zu errichten.

Außerdem ist im Norden ein Schwimmbecken geplant sowie ein Wintergarten im Erdgeschoss.

 

Die Grundfläche des Wohnhauses würde 12,00 m (L) x 10,00 m (B) und somit 120 m² betragen. Der Wintergarten (12,27 m²) und der Balkon (13,68 m²) wären vollständig außerhalb der Baugrenze, ebenfalls das geplante Eingangspodest und das Schwimmbecken.

 

Es wurde ein Antrag auf Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB von den Festsetzungen 4.2 gestellt, da die Baugrenze nicht eingehalten wird. Der Antrag wird begründet, dass die Abweichung städtebaulich vertretbar wäre und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden.

 

Zudem wird durch den Bauherrn bzw. dessen Planer angeführt, dass an der nord-östlichen Grundstücksgrenze eine Garage als Grenzbebauung errichtet und direkt am Wohngebäude angebaut werden soll. Konstruktiv bedingt wird die Baugrenze an der nord-östlichen und an der süd-östlichen Grundstücksgrenze geringfügig in Teilbereichen durch das Wohnhaus überschritten.

 

Neben den vorangehenden Überschreitungen durch das Wohnhaus ist zudem der Wintergarten mit einer Länge von 4,50 m und einer Breite von 3,00 m sowie der Balkon im Obergeschoss mit einer Länge von 9,00 m und einer Breite von 1,60 m außerhalb des Baufensters geplant.

 

Die Überschreitungen sind nicht als geringfügig zu titulieren. Der beantragten Überschreitung kann Seitens der Gemeinde nicht zugestimmt werden. Wir verweisen hier und begründen die ablehnende Haltung damit, dass insbesondere der östliche Bereich der Fritz-Erler-Straße immer als orts- und landschaftsplanerisch äußerst sensibler Bereich festgesetzt wurde, der sich in den Außenbereich erstreckt. Die Summe der Überschreitungen (Balkon, Wintergarten, Schwimmbecken und Eingangspodest) ist nicht als geringfügig zu titulieren und wird nicht als städtebaulich vertretbar erachtet. 

 

Nach Festsetzung 6.2 des Bebauungsplans „Holzhausen West“ sind je Wohngebäude nur zwei Garagenstellplätze außerhalb des Bauraums aber innerhalb des Baulandes zulässig. Sowohl die geplante Garage, wie auch der Carport (gem. § 1 GaStellV = offene Garage) sind derzeit außerhalb des Bauraumes aber innerhalb des Baulandes geplant und wären nach Satz 1 zulässig. Die derzeitige Anordnung der Garage an der westlichen Grundstücksseite und des Carports an der östlichen Grundstücksseite würde jedoch gegen Satz 2 der Festsetzung 6.2 verstoßen, da hier festgeschrieben wurde, dass Grenzgaragen nur an einer der seitlichen Grundstücksgrenzen zulässig sind. Derzeit sind jedoch zwei seitliche Grundstücksgrenzen mit Grenzgaragen geplant. Ziel von der Festsetzung war, dass eine Durchsicht gegeben ist.

 

Zu diesem Teil der Planung insbesondere auf Bezug auf die Festsetzung 6.2 des Bebauungsplans „Holzhausen West“ sollte das gemeindliche Einvernehmen nicht erteilt werden.

 

Der Carport ist mit einem Flachdach geplant. Über die Art der Dachdeckung (z.B. begrüntes Flachdach) wurden keine Angaben gemacht.

 

Laut dem Bebauungsplan „Holzhausen West“ sind nach der Festsetzung 3.4 maximal 2 Vollgeschosse zulässig. Das Grundstück Fl.Nr. 129 ist ein Hanggrundstück zudem ist das Haus so geplant, dass es zwei Giebelrichtungen hat.

Nach 5.1 des Bebauungsplans wurde festgelegt, dass die Hauptfirstrichtung über die Längsseite des Gebäudes verlaufen muss. Diese Festsetzung hält die Planung wohl ein, da das Fronthaus, als der kleinere Teil des Hauses in Erscheinung tritt.

 

Das Gebäude ist mit Wandhöhen bis zu ca. 6,46 m und einer Firsthöhe bis zu ca. 9,34 m geplant. Im qualifizierten Bebauungsplanbereich sind nur Wandhöhen bis zu 6,20 m zulässig (Festsetzung 3.5). Laut Bebauungsplanfestsetzung 5.2 sind Dachneigung bis zu 30 Grad zulässig, laut Eingabeplan ist eine Dachneigung von 30 Grad geplant. Die Dacheindeckung wurde im Plan nur mit Tondachziegel angegeben. Wir weisen vorsorglich darauf hin, dass nach der Festsetzung 5.5 des Bebauungsplans nur ziegelorte bis rotbraune Dachpfannen zulässig sind.

Es sind zudem zwei Dachgauben geplant eine auf der Nordwestseite, die andere auf der Südostseite. Dachgauben sind nach der Festsetzung 5.3 erst ab einer Dachneigung von 30 Grad zulässig und somit bei dem geplanten Haus mit einer Dachneigung von 30 Grad auch zulässig. Die Dachgauben sind auf den Plänen nicht bemaßt. Gemessen anhand des Planes sind diese ca. jeweils 3,50 m breit. Nach der Festsetzung 5.3 Satz 2 beträgt die maximal zulässige Breite von Gauben und Quergiebeln 2,50 m.

Die Gemeinde sollte daher zu diesem Punkt der Bebauung ebenfalls das Einvernehmen nicht erteilen.

 

Grundsätzlich sind nach § 34 BauGB die Umgebungsbebauung als Bezugsobjekte heranzuziehen. In dem Bereich des Bebauungsplans Holzhausen-West, Teilbereich B besteht jedoch auch noch die Besonderheit der Planungshoheit der Gemeinde, wo insbesondere auf den orts- und landschaftsplanerisch äußerst sensiblen Bereich zu achten ist, der sich in den Außenbereich erstreckt. Zudem wird bei der Begründung explizit darauf hingewiesen, dass die Bebauung östlich der Fritz-Erler-Straße sich in etwa gleicher, oberirdisch in Erscheinung tretende Kubaturen das Ortsbild prägen sollen. Daher sollte vorrangig diese Bebauung als Vergleich herangezogen werden, damit der einfache Bebauungsplan der Gemeinde Utting umgesetzt wird.

 

Als Vergleichsobjekt kann hier die Fritz-Erler-Straße 3 herangezogen werden. Die Wandhöhe beträgt 3,70 m, die Firsthöhe 6,36 m. Dachneigung besteht von 5-35 Grad (Asymmetrisches Dach). Grundfläche 15,75m x 11,50 m.

 

Nach den Plänen sollen zudem im Süd-Osten Abgrabungen vorgenommen werden. Im Süd-Westen sollen Aufschüttungen erfolgen. Beides sowohl Abgrabungen wie auch Aufschüttungen sind in diesem Umfang nicht zulässig.

 

Der Bau- und Umweltausschuss hat vorberaten und empfiehlt einheitlich das Einvernehmen zu dem Bauvorhaben und dem Antrag auf Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans „Holzhausen-West“ nicht zu erteilen.

 

Dem Gemeinderat erscheint das Bauvorhaben schlichtweg zu massiv.


Beschluss:

 

Das gemeindliche Einvernehmen zum Bauvorhaben wird nicht erteilt.

Begründet wird das versagen dadurch, dass die Planung die Festsetzung des Bebauungsplans „Holzhausen West“ (12. Änderung) in folgenden Punkten nicht einhält:

-       Festsetzung 3.4

Es sind mehr als zwei Vollgeschosse geplant.

-       Festsetzung 5.3

Es sind zwei Dachgauben größer als 2,5 m Breite geplant

-       Festsetzung 6.2

Es sind zwei Grenzgaragen an zwei seitlichen Grundstücksgrenzen geplant, aber nur an einer zulässig

Auch wenn einzelne Festsetzungen im Bebauungsplan „Holzhausen-West“ nur für den Bereich des qualifizierten Bebauungsplans (Teilbereich A) gelten, spiegeln Sie doch sehr gut die Bebauung und Werte der umliegenden Bebauung wider.

 

Zudem fügt sich das Bauvorhaben hinsichtlich der Größe der Kubatur nicht in die Umgebungsbebauung ein. Hier ist vorrangig auf die Bebauung östlich der Fritz-Erler-Straße abzustellen. Es besteht ein einfacher Bebauungsplan. In Anlehnung der Prüfung der Gleichbehandlung (Art. 3 GG) ziehen wir hier die Prüfung heran, dass zwar grundsätzlich die umliegende Bebauung als Vergleichswerte herangezogen werden können, im zweiten Schritt aber festgestellt werden muss, dass der Bereich östlich der Fritz-Erler-Straße Ungleich zbehandelt werden muss. Hier grenzt der Außenbereich unmittelbar an, somit ist dieser Bereich anders zu bewerten. Dies hat die Gemeinde durch die Begründung zur 12. Änderung des Bebauungsplans „Holzhausen-West“ wie auch durch die Festsetzungen des Flächennutzungsplans (Teilung in private Grünfläche die nicht bebaut werden darf und Wohnbebauung) klar zum Ausdruck gebracht.

Zudem sind die geplanten Aufschüttungen und Abgrabungen nicht zulässig.

 

Dem Antrag auf Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB wird nicht zugestimmt.

Die Überschreitung der Baugrenze wird nicht als geringfügig und nicht als städtebaulich vertretbar gewertet. Die Baugrenze wird im Süden durch das Eingangspodest, im Norden durch den Wintergarten und den Balkon, Schwimmbecken sowie süd-östlich durch das Wohngebäude in Teilbereichen überschritten.

Die Summe aller Überschreitungen, insbesondere des Wintergartens mit 12,27 m², welcher als Wohnfläche zählt, wird nicht als geringfügig bewertet.

Zudem wird auf den Planungswillen der Gemeinde hingewiesen, dass der Teilbereich B als ein äußerst sensibler Bereich zu beachten ist, der sich in den Außenbereich erstreckt und damit dem ganzen eine noch höhere Gewichtung zugetragen wird.